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Gift-Alarm bei Nordmilch
Leck in der Kälteanlage des Kühlhauses rief in der
Nacht zu Donnerstag 100 Feuerwehr-Kräfte auf den Plan
Von
unserem Redakteur
Michael Rabba
STUHR-SECKENHAUSEN. Ein Leck im
Kühlsystem eines noch genutzten Lagers der Nordmilch e.G. in Seckenhausen
hat in der Nacht zu Donnerstag einen Feuerwehr-Großeinsatz ausgelöst.
Giftiges Ammoniak war ausgetreten. Eine Gefährdung für die Bevölkerung habe
aber zu keiner Zeit bestanden, betonte die Feuerwehr. Vorsorglich riegelte
die Polizei das Werksgelände aber mehrere Stunden lang weiträumig ab. Die B
322 war ebenso in beiden Richtungen gesperrt wie die Diepholzer Straße.
Produziert wird in dem Nordmilch-Werk bereits seit Monaten nicht mehr. Das
Kühlhaus aber nutze das Unternehmen noch, erläuterte Nordmilch-Sprecher
Hartmut Schomacker. Das Leck sei in der Kälteanlage in einem Nebenraum des
Kühlhauses entstanden. Dabei trat das in den Kühlleitungen zirkulierende
flüssige Ammoniakgemisch aus und wurde an der Luft gasförmig. Ein
Mitarbeiter des Nordmilch-Werkschutzes bemerkte das Leck, um 21.25 Uhr löste
die Feuerwehrleitzentrale in Diepholz Alarm aus: Gefahrstoffaustritt. Neben
den Stuhrer Wehren Seckenhausen, Brinkum und Groß Mackenstedt rückten die
Mess-Staffeln der Wehren Barrien und Sudweyhe sowie die Gefahrgutstaffel aus
Syke an. Mitarbeiter der Feuerwehrtechnischen Zentralen Barrien und
Wehrbleck ergänzten das Aufgebot mit Spezialgerät zur Gefahrgutbekämpfung.
Vor Ort waren auch die DRK-Bereitschaft Brinkum und der leitende
Kreis-Notarzt. Insgesamt waren 100 Feuerwehrkräfte unter Leitung von
Kreisbrandmeister Dieter Scharf bis 3.30 Uhr im Einsatz. Drei Kameraden
verletzten sich leicht und mussten im Krankenhaus behandelt werden, so
Kreisfeuerwehrsprecher Hartmut Specht. Unter Anleitung eines
Nordmilch-Mitarbeiters riegelten Kräfte der Feuerwehr in Chemieschutzanzügen
die Kühlleitungen ab und stopften so das Leck. Der sich in der Kühlhalle
gesammelte Ammoniak-Nebel wurde mit Überdruck-Belüftungsgeräten kontrolliert
durch geöffnete Türen auf der Nordseite der Halle geblasen und dort mit
einer Wasserwand aus der Luft "gewaschen", erläuterte Specht. Das
Ammoniak-Wasser-Gemisch fließe in das hauseigene Kanalisationssystem und
werde von Pumpenwagen entsorgt. Die Untere Wasserbehörde prüfte gestern
aber, ob Ammoniak ins Grundwasser oder öffentliche Kanalnetz gelangt ist.
Wenn der Schaden sich in Grenzen halte, werde er repariert, so
Nordmilch-Sprecher Schomacker auf Nachfrage. "Wir wollen das Werk ja
funktionstüchtig verkaufen."
Feuerwehrleute hatten alles
im Griff
Gefahrentrupp-Mitglieder wechselten sich auf der Suche nach dem
Leck in der Leitung ab
Von unserer Redakteurin
Christina Denker
STUHR-SECKENHAUSEN. Das Szenario
wirkte schon von weitem bedrohlich: Blaulicht zuckte durch den Nachthimmel,
das Nordmilch-Gelände war in gleißendes Licht getaucht, es wimmelte nur so
von Feuerwehrleuten und anderen Rettungskräften. Die gesperrte Kreuzung
sorgte für Unmut unter den Motorisierten. "Ich muss nach Bookholzberg",
hoffte ein Pkw-Fahrer doch noch auf ein Durchkommen. Vergebens: "Hier können
Sie nicht weiter", forderte der Polizei vor der Straßenabsperrung den Fahrer
freundlich, aber bestimmt zur Umkehr auf, während er fast ununterbrochen mit
seinem Funkgerät Kontakt zu den Kollegen hielt. Wenige Minuten später war
das Betreten des Geländes nach Abschätzung der Gefahr auch für
Pressevertreter möglich. Trotzdem bestand nur wenig Chance, mit den Frauen
und Männern von der Wehr ins Gespräch zu kommen - die Arbeit geht vor. Und
davon gabs reichlich für die Feuerwehrleute, die sich truppweise in das
stockfinstere Kühllager begaben, um dem Leck in der Leitung auf die Spur zu
kommen. Angst habe er nicht, erklärte ein Mitglied der Sudweyher Feuerwehr,
der in dem leuchtend-roten Schutzdress auf seinen Einsatz wartete. "Aber
Respekt", fügte er hinzu und zog noch einmal die Atemschutzmaske zurecht,
während er seine Kollegen beobachtete, die aus der Dunkelheit wieder ins
Licht traten. Trotz des spektakulären Szenarios wirkten die Einsatzkräfte
relativ ruhig. Zumindest jene, die nicht nach der undichten Stelle fahnden
mussten. Der Frage, ob die Gas-Wasser-Fontäne nun gefährlich sei oder nicht,
entgegnete einer der roten Gestalten: "Wenns so wäre, würde ich hier nicht
stehen". Der Feuerwehrmann schien zu diesem Zeitpunkt bereits zu wissen,
dass es sich bei dem austretenden Gas um Ammoniak handelte, dem offenbar mit
einer Wasserwand beizukommen ist. Hartmut Specht, Pressesprecher der
Kreisfeuerwehr, wollte zu diesem Zeitpunkt noch keine offiziellen Angaben
machen und erst alle Untersuchungsergebnisse abwarten, um sicher zu gehen.
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