Weyher Feuerwehr probte für den Ernstfall
Horrorszenario für 154 Helfer / Verletzte mussten
geborgen und Gefahrgut gesichert werden
Von unserem
Mitarbeiter
Fritz Hopfgarten
WEYHE-KIRCHWEYHE. Dienstagabend. Der
Kirchweyher Handelsweg wirkt wie ausgestorben. Nur ein scheinbar verirrter
Feuerwehrwagen fährt ihn entlang und verschwindet im Dämmerlicht des Mondes,
der durch dunkle Wolken blinzelt. Bei "Ernst Koch - Bauen & Heimwerken"
werden letzte Kunden abgefertigt. Davor steht unauffällig ein Feuerwehrmann
neben seinem Auto. "Ortsbrandmeister" prangt hinten auf seiner orangenen
Jacke: Es ist Detlef Göldner, Einsatzleiter einer gemeindeweiten
Feuerwehrübung. In und an diesem Baumarkt soll sie stattfinden und
Kirchweyhes Ortswehr hat sie ausgetüftelt. Schon treffen weitere
Feuerwehr-Funktionäre ein: Gemeindebrandmeister Norbert Warnke,
Vize-Kreisbrandmeister Carsten Schlung aus Bassum, der den "Abschnitt Nord"
leitet und seinen Sohn Timon aus der Jugendfeuerwehr bei sich hat, sowie
Pressesprecher Axel Meyer, in grüner Weste unübersehbar. Sieben Brinkumer
Kameraden unter Cord Tinnemeyer gesellen sich hinzu. Sie mimen die
Verletzten und sollen sich im Gebäude verteilen. Detlef Göldner skizzierte
das Szenario dieser Übung: Im hinteren Gebäudeteil wird der Heizkeller durch
Verpuffung verqualmt. Zwei Verletzte liegen im Sozialbereich, ein weiterer
ist im Freilager unter Schwerlastpaletten eingeklemmt. Neben dem Gebäude ist
ein Gefahrgutwagen durch ein Feuer gefährdet, dessen Flammen zusehends das
ganze Gebäude ergreifen. Somit muss der Einsatzleiter nacheinander alle
sieben Ortswehren alarmieren. Um 19.56 Uhr gibt der Baumarkt mit Licht und
Ton Alarm, zwei Minuten später erklingen Kirchweyhes Sirenen, 20.02 Uhr
schaltete Juniorchef Ernst Michael Koch die Baumarktbeleuchtung aus, 20.03
Uhr kommt Andrea Steinbeck als erste Helferin mit ihrem Auto herbeigeeilt.
Sie zieht sich vor Ort um. 20.05 Uhr ist ein Feuerwehrwagen zu hören, der
20.07 Uhr vor Ort ist. Zwei Minuten später ist auch der Einsatzleitwagen zur
Stelle. In der nächsten halben Stunde treffen pausenlos insgesamt 20 Wagen
ein. 154 (von 285) Weyher Feuerwehrleuten nehmen mit vollem Elan an der
Übung teil. Die Einsatzkräfte sind gut ausgerüstet: Aggregate rattern und
sorgen für Schein-werferlicht am und Frischluft im Gebäude. Schläuche
schlängeln überall umher. 21 Zweiertrupps gehen mit schwerem Atem- oder gar
Chemiekalienschutz vor und bergen neun Verletzte (zwei davon sind Puppen),
die von Feuerwehrsanitätern umsorgt werden. Mit einem förmlichen
Regenschauer löscht Leestes Feuerwehrleiter, dessen Wenderohr von der Erde
aus durch eine Leine gelenkt wird. Kein Wunder, dass viele Zaungäste
einschließlich der Polizei dieses seltene Schauspiel verfolgen. Erst vor Ort
- so war vom Pressesprecher zu erfahren - waren "nach der normalen
Viertelstunde Chaos" drei Einsatz-Abschnitts-Leiter ausgeguckt worden:
Folkhard Wittrock (Sudweyhe) für Gefahrstoffsicherung, Hermann Bischoff
(Leeste) für Personenrettung, Tim Gerhard (Kirchweyhe) für Brandbekämpfung
im Gebäude. Kontinuierliche Lagebesprechungen sorgen dafür, dass die
Einsatzleitung stets auf aktuellem Stand ist. Deshalb hat sie auch nur zu
bemängeln, dass die Funkverbindung rund ums Gebäude durch dessen
Metallkonstruktion gestört ist. "Darüber muss jetzt nachgedacht werden!"
Gegen 22 Uhr sind alle Gefahren beseitigt. Im neuen schwarz-silbernen
Feuerwehrdress tauscht Ulf Meyer von der "Feuerwehrtechnischen Zentrale
Barrien" 2000 Meter nasse Schläuche gegen trockene, und leere
Atemluftflaschen gegen volle. "Wir haben hier noch wenigsten bis 23 Uhr
aufzuräumen", verrät Axel Meyer.
[25.10.2007 / Regionale Rundschau] |